Zum Streiten gehören immer zwei
Viele betroffene Mütter hören exakt dieses Sprichwort von der Mitarbeiterin des Jugendamtes oder vom Verfahrensbeistand, manchmal von der eigenen Familie oder Freunden. Um es ganz deutlich zu sagen: Wer das behauptet, der hat nicht verstanden, dass es zwischen Streit und Gewalt einen Unterschied gibt!
Streiten sie noch oder prügeln sie schon?
Lassen Sie uns doch einmal das (falsche) Sprichwort durchdeklinieren:
- Zum Streiten…
- zum Anschreien
- zum Denunzieren
- zum Bedrohen (verbal und körperlich)…
- zum an die Wand drücken
- zum Verprügeln…
- zum Würgen…
- zum Töten… gehören immer zwei.
Ab wann genau ist es eigentlich kein Streit mehr?
Ab wann ist es psychische und ab wann körperliche Gewalt?
Offizielle Zahlen überzeugen mehr als Lippenbekenntnisse
Gewalttätigkeit gegen Frauen hat viele Gesichter. Das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht seit 2015 jährlich Zahlen; seit 2015 steigen sie:
In 2020 wurden in Deutschland fast 120.000 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt, unter anderem:
- von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: über 72.000
- von Bedrohung und Stalking: über 29.000
- von gefährlicher Körperverletzung: über 12.000
- von Mord und Totschlag: 359
Quelle: BKA, Partnerschaftsgewalt – Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2020
Ferner führt das BKA aus:
“Ebenso muss man von einem nicht unerheblichen Dunkelfeld ausgehen. Denn Opfer häuslicher Gewalt empfinden ihre Situation oft als ausweglos, sie werden nicht bemerkt und sie machen sich nicht bemerkbar.”
Dem Familienministerium ist das bekannt. Es weiß auch, dass es vor allem im Rahmen von Trennungssituationen zu vermehrter Partnerschaftsgewalt kommt. In seiner Publikation Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen aus dem Jahr 2014 führt es dazu aus:
“Im Zuge der Trennung und Scheidung kann bereits in der Partnerschaft bestehende Gewalt noch weiter eskalieren oder erstmals Gewalt durch einen Partner verübt werden.”
Man muss sich angesichts des Verhaltens etlicher Verfahrensbeteiligten in familienrechtlichen Verfahren zu Umgang und Sorgerecht fragen: Lesen Familienrichter und Jugendämter solche Statistiken und Untersuchungsergebnisse eigentlich?
Zum Streiten gehören immer zwei?
Vorsicht! Natürlich sind immer zwei Menschen beteiligt, aber: Vielleicht handelt es sich hier um einen narzisstischen Täter und ein Opfer, das die Gewalt erleidet! Schauen Sie genau hin, auch wenn das unbequemer ist, denn dann können Sie sich möglicherweise nicht mehr auf eine ‘neutrale Position’ zurückziehen.
Machen Sie dem Opfer von Partnerschaftsgewalt, egal in welcher Form die Gewalt ausgeübt wird, das Leben nicht noch schwerer, in dem Sie es auch noch dafür (mit-)verantwortlich machen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, das trotz eindeutiger Aussagen von allen involvierten Fachleuten (über 4 Jähre hinweg) den Verfahrenspflegern, dem Jugendamt und einem eindeutigen Familiengerichtlichen Gutachten, das OLG Hamm, dem „kranken“ ET das volle Sorgerecht zugesprochen hat. Alle waren fassungslos über diese Rechtsprechung.
Mit dem Anwalt besprechen: Alle Rechtsmittel ausschöpfen (also einschl. Gehörsrüge) und dann zum Verfassungsgericht. Nicht einfach, selten erfolgreich – aber der einzige Weg.