Im Familiengericht
Nicht jede Trennung endet hochstrittig beim Familiengericht. Und selbst wenn, besteht die Chance, dass kurz nach der Trennung einfach die Gefühle hochgekocht sind und sich erst einmal wieder beruhigen müssen. Deshalb wird ein Richter in einer ersten Verhandlung stets versuchen, die „Kampfhähne“ zu beruhigen und eine gute Lösung für die Kinder zu finden. Das Ziel in familienrechtlichen Verfahren ist stets die Schaffung von Einvernehmen. Das Familiengericht will keine Sieger und keine Verlierer, denn Sie bleiben ja über die gemeinsamen Kinder stets verbunden. Deshalb soll keine verbrannte Erde hinterlassen werden; die Möglichkeit einer Annäherung, zumindest als Eltern der gemeinsamen Kinder, soll weiterhin gegeben sein – und wird auch immer erwartet. Soweit die Theorie. Das hört sich ja erst einmal vernünftig an.
Aber: Leider ist das nicht immer möglich.
Zum Streiten gehören zwei – zum Frieden aber auch!
Die uns vorliegenden Fälle sind leider oftmals geprägt von Gewalt – in unterschiedlicher Form: immer psychisch, manchmal körperlich, und wenn Geld vorhanden ist, geht es auch um finanzielle Gewalt. Meist gab es diese Gewalt bereits in der Partnerschaft; machmal war sich die betroffene Frau während der Beziehung nicht darüber bewusst, hat es ignoriert oder sich selbst und anderen gegenüber kleingeredet. In seltenen Fällen ist es der Betroffenen nicht einmal bewusst, wenn sie in unsere Beratung kommt. Vielleicht hat sie das ein Gefühl, dass „da was nicht stimmt“, aber kann die (meist psychische) Gewalt nicht erkennen.
Lesen Sie den Blog Artikel Zum Streiten gehören immer zwei…
Viele von Gewalt betroffene Frauen hören die Aussage „Zum Streiten gehören immer zwei!“ Selbst wenn das zuweilen und in anderen Lebensbereichen stimmen mag, in familiengerichtlichen Verfahren um Geld und Kinder müssten sich die Entscheider fragen: Wo hört Streiten auf, und wo fängt – psychische, körperliche oder finanzielle – Gewalt an? Das tun sie aber nicht. Sie haben andere, oftmals ideologisch begründete Erklärungen.
Diese Fälle sind im Familiengericht nicht zu befrieden! Sie werden in der Regel hochstrittig und enden ja nicht, nur weil es einen Beschluss oder einen Vergleich gibt. Der Alltag mit einem so gearteten Kindesvater wird für Mutter und Kinder extrem belastend, endet meist in Kindeswohlgefährdung, kurz KWG – zumindest wie wir Mütter Kindeswohl verstehen – und kann unter Umständen sogar gefährlich werden. Aber genau das sieht das Familiengericht & Co. oftmals nicht – Hauptsache, es gibt Umgang!
Regeln im Familiengericht kennen!
Um diese Zeit halbwegs unbeschadet zu überstehen, müssen Sie wissen, welche Regeln zu beachten sind – ob Sie Ihnen gefallen oder nicht – und auf welche Schlüsselwörter die entscheidenden Verfahrenbeteiligten anspringen.
Es fängt bei dem Thema “Hilfe holen” an. Nehmen wir an, Sie suchen sich Hilfe beim Jugendamt. Dann wird das erste sein, was Sie lernen: “Wir sind nicht für Sie zuständig, nur für die Kinder.” – das allein wäre eine Kolumne wert…
Als nächstes wird man Ihnen erklären, wie wichtig der leibliche Vater für das Gedeihen des Kindes ist. Das steht so in den Lehrbüchern und wird ideologisiert. Völlig egal, ob der Kindesvater sich vor der Trennung um das Kind gekümmert hat oder nicht. Nicht selten sind der Jugendamtsmitarbeiter und andere Verfahrensbeteiligte scheinbar auf einer Mission, nämlich diesen Grundsatz unter allen (!) Umständen umzusetzen. Koste es, was es wolle – sehr häufig sogar das Kindeswohl.
Wenn Sie Bedenken vorbringen, konkrete Beispiele nennen oder sich Sorgen um das Kind machen, werden Sie fast immer als bindungsintolerant eingestuft. Das bedeutet, dass Sie die Bindung zwischen dem anderen Elternteil und Ihrem Kind nicht tolerieren, also nicht akzeptieren und nicht fördern, wobei davon ausgegangen wird, dass es sozusagen kraft genetischer Verbindung auch eine Bindung zwischen Vater und Kind geben muss. Das halten wir für Unfug.
Lesen Sie den Blog Artikel Kaukasischer Kreidekreis…
Für Kinder, die auf diesen Stress reagieren – mit Aggressionen, völligem Rückzug, psychosomatischen Beschwerden oder autoaggressivem Verhalten – haben die Experten auch die richtige Standard-Antwort: Das Kind ist in einem Loyalitätskonflikt, weil die Eltern sich streiten. Oder, schlimmer, weil die Kindesmutter eine so schlechte Meinung über den Vater hat und das Kind entweder bewusst oder unbewusst manipuliert. Egal wie, bestenfalls sind beide Eltern Schuld, schlimmstenfalls nur Sie als Mutter.
Der Bote der schlechten Botschaft wird geköpft.
Richtig. Das sind Sie!
Im Familiengericht bedeutet das: Wenn die von – psychischer, körperlicher und/oder finanzieller – Gewalt betroffene Mutter ihre Erfahrungen mit dem Kindesvater und/oder Bedenken bezüglich des Kindes vorbringt, ist sie bindungsintolerant, erziehungsunfähig und hat einen schlechten Stand im Verfahren. Reflexartig.
In einem uns vorliegenden Fall drohte der Richter der Mutter, ihr das Sorgerecht zu entziehen, wenn sie noch einmal von Gewalt spricht. Wohl bemerkt: Der Kindesvater war zuvor wegen körperlicher Gewalt an der Kindesmutter in einem Strafverfahren rechtskräftig verurteilt worden. Den Familienrichter interessierte das wenig.
Die Spitze des Eisbergs!
Zugegeben, dieser Fall, so wie etliche andere extreme Fälle, die wir begleiten, repräsentieren die Spitze des Eisbergs und sind nicht der Normalfall. Aber die Spitze des Eisbergs bedeutet im Umkehrschluss: Es gibt einen Eisberg! Das wiederum bedeutet, selbst der Normalfall ist nach unseren Erfahrungen nicht mehr normal.
Wir wissen, dass sich das niemand vorstellen kann, der noch nie selbst oder indirekt betroffen war. Bitte gehen Sie dennoch nicht naiv in die Trennung, zum Jugendamt oder zum Familiengericht, sondern lesen Sie die Berichte auf unserer Webseite und in den entsprechenden Mütter-Foren im Internet, was andere Betroffene mit dem Familienrechtssystem erlebt haben. Es muss nicht sein, aber es kann sehr schnell in Ihrem Fall eine ähnliche Dynamik bekommen.
Mit unserer Webseite, dem Blog und Beratungsangeboten unterstützen wir Sie darin, die Regeln kennenzulernen und effektiver unter diesen Bedingungen zu handeln. Sie müssen sie nicht mögen oder für richtig finden. Aber wenn Sie gegen die Regeln verstoßen, werden Sie und Ihre Kinder den Preis dafür zahlen.
Wir kennen Ihre Empörung: “Aber so etwas kann man doch nicht akzeptieren!” Da haben Sie Recht, und hier muss politisch gehandelt werden. Sie aber als betroffene Mutter müssen sich nur eine Frage in Ihrem Gerichtssaal oder bei Ihrer JA-Mitarbeiterin stellen: “Will ich Recht behalten? Oder will ich mein Kind schützen?”
Das Leben verteilt die Karten.
Aber Sie entscheiden, wie Sie damit spielen!
Das ist Ihr Handlungsspielraum.
Darauf bereiten wir Sie vor!